Denken Sie auch zunächst an Ginseng, wenn chinesische Arzneitherapie erwähnt wird? In der Tat nimmt diese wertvolle, an wertvollen Inhaltsstoffen reiche, Arzneipflanze in der Chinesischen Medizin einen wichtigen Platz ein, auch wenn sie nicht das Allheilmittel ist, für das sie teilweise angepriesen wird. Doch die chinesische Arzneitherapie ist natürlich viel mehr als das.
Die chinesische Arzneitherapie, die auf eine 2000-jährige Geschichte systematischer Aufzeichnungen und Weiterentwicklungen aufbaut, ist in China noch vor der Akupunktur die wichtigste Behandlungsmethode der Chinesischen Medizin. Etwa drei Viertel der dort mit Chinesischer Medizin behandelten Patienten erhalten Verschreibungen chinesischer Arzneimischungen.
Verwendet werden hauptsächlich pflanzliche Arzneien wie Wurzeln, Rinden, Blätter und Blüten, seltener auch Arzneien mineralischen oder tierischen Ursprungs (z.B. Muschelschalen), selbstverständlich unter konsequenter Beachtung des Artenschutzes.
Die besondere Leistungsfähigkeit der chinesischen Arzneitherapie entfaltet sich nicht nur bei einer Vielzahl akuter und chronischer Erkrankungen (Indikationsliste) sowie Schwächezuständen, wie sie nach Geburten, schweren Erkrankungen und deren Therapien auftreten können, sondern besonders auch im Rahmen der Krankheitsvorbeugung (Prävention). So können durch die chinesische Diagnose konstitutionelle Schwächen als Vorbedingung bzw. Ursprung von Erkrankungen erkannt und behandelt werden, um einen Krankheitsausbruch zu vermeiden. Die Behandlung mit chinesischer Arzneitherapie ist alternativ oder zusätzlich zu einer bereits durchgeführten Behandlung mit konventionellen Medikamenten in jedem Alter möglich.
Nach der Erstellung einer gründlichen chinesischen Diagnose erhalten Sie vom Arzneimitteltherapeuten eine Verordnung über eine individuelle Rezeptur mit mehreren Einzelarzneien, deren Zusammensetzung mehrere Ziele verfolgt: Linderung der Beschwerden, Beseitigung der Krankheitsursachen und Stärkung der Konstitution. Außerdem werden die Zutaten so zusammengesetzt, dass sich die erwünschten Wirkungen gegenseitig verstärken und unerwünschte vermieden werden. Die dazu notwendige Auswahl aus den hierzulande erhältlichen ca. 400 chinesischen Einzelarzneien setzt eine anspruchsvolle Ausbildung in Chinesischer Arzneitherapie voraus (Qualifikation).
Am häufigsten werden Arzneien verordnet, aus denen eine Abkochung (Kochanleitung) angefertigt und dann als Heiltrank eingenommen wird. In dieser Darreichungsform sind die Arzneien in der Regel am wirksamsten und am leichtesten verdaulich. Alternativ (z.B. auf Reisen) kommen Konzentratpulver und hydrophile Konzentrate (Tropfen, z.B. für Kleinkinder) zum Einsatz. Die bisher genannten Verordnungsweisen haben den Vorteil, dass sie die individuelle Zusammenstellung der Einzelarzneien und laufende Anpassung an den Therapiefortschritt ermöglichen. Die auch häufig, in der Regel als Pillen verwendeten Fertigarzneien, lassen diesen individuellen Zuschnitt der Arzneitherapie naturgemäß nicht zu. Sie eignen sich eher für die Behandlung einfacher umschriebener Probleme, z.B. akute Infekte. Für spezielle Anwendungen können auch Salben, Pflaster, Einläufe und Suppositorien (Zäpfchen) zum Einsatz kommen.
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